Freitag, 10. Oktober 2008

Verdammte Finanzkrise

Ich könnte jetzt absatzweise darüber jammern, wie viel teurer dieses Auslandssemester mit dem Verfall des Eurokurses - verglichen mit dem Dollar - jetzt wird. Da ich aber immer noch der Ansicht bin, dass es uns ziemlich gut geht, auch wenn alles für uns 15% mehr kostet, mach ich das nicht. Statt dessen schreib ich mal, wie ich die Finanzkrise hier so mitbekommen.

Da muss ich meine Erfahrungen ganz klar zweiteilen. Zuerst das tägliche Leben. Hier scheint diese Krise genau gar keine Auswirkungen zu haben. Nichts, null, niente. Abgesehen von meinem Entrepreneurship-Professor hat die Krise mir gegenüber noch nie jemand erwähnt. Und ich glaube, dass er dabei ziemlich verloren hat. Jedenfalls war seine Laune in diesen Tagen entsprechend mies ;). Auch der "700-Billion-Bailout-Plan" war abgesehen von einer Debatte, die ich selbst initiiert hab, nie ein Thema. Zu dem 700-Billion Ding gibt's übrigens zwei interessante Sachen anzumerken. Erstens: Billion (englisch) ist gleich Milliarde (deutsch), also ist in diesem Plan von 700 Milliarden Dollar die Rede - immerhin noch ein Haufen Geld. Zweitens: vergesst diese 700 Milliarden. Diese Zahl ist komplett aus der Luft gegriffen. Nicht mal eine Schätzung, eher eine "Hausnummer". Der Plan ist nämlich unbegrenzt - ohne Limit. Aber nachdem sich das noch bedrohlicher anhört und 700 eine schöne Zahl ist, hat man halt das erfunden. Tatsächlich kann es wesentlich mehr sein, was die USA investieren müssen, um ihre Banken vor dem Untergang zu bewahren.

Der zweite Teil meiner Erfahrungen bezieht sich auf die Medien. Dort bekommt man das Gefühl, dass die Welt in den vergangenen Wochen schon mindestens 5 Mal untergegangen ist. Und inmitten dieses Wahlkampfes fokussiert sich natürlich alles darauf, was die Spitzenkandidaten dazu sagen. Dabei kommt Barack Obama ziemlich gut weg, der die Hauptschuld an der Finanzkrise - sicher nicht ganz unberechtigt - auf die Regierung Bush schiebt. Und seit ca. zwei Wochen kann man immer wieder lesen, dass derzeit ein guter Zeitpunkt wäre wieder einzusteigen, da die Aktien derzeit so billig seien, wie seit Jahren nicht. Wer dies vor zwei Wochen getan hat, der ich schön auf die Pappn gfallen.

Aber das schlimmste, was ich in den Medien zu der Finanzkrise vernehmen musste, wurde gestern in der ZiB gebracht. Der Experte Dieter Bornemann hat zu den Verlusten die man mit Aktien gemacht hat, Folgendes zu sagen:

"Das ist ja kein reales Geld, sondern das sind Buchverluste, die da passiert sind. Einen echten Verlust mach ich ja nur wenn ich eine Aktie kaufe, die Aktie fällt und ich verkauf sie dann; da hab ich ein Minus gemacht."

Also das ist kompletter Schwachsinn. Geld, welches ich in Aktien hab, ist genau so gut wie Geld, dass ich am Konto hab. Sobald der Kurs runter geht, hab ich einen Verlust erlitten und wenn der Kurs rauf geht, hab ich einen Gewinn. Und nicht erst, wenn ich die Aktien wieder verkaufe. Tatsächlich ist dieses Der-Verlust-tritt-erst-ein-wenn-ich-die-Aktie-verkaufe-Denken für Anleger sehr gefährlich. Denn dann dürfte man, sobald man mit einem Papier im Minus ist dieses nicht mehr verkaufen, bis es wieder positiv ist. Dass dies Jahre dauern kann und man mit diesem Geld was viel besseres machen hätte können, bzw. dass es durchaus möglich ist, dass die Aktien nie mehr auf das Kaufniveau kommt (ich denk da jetzt mal an die Immofinanz) wird da komplett außer Acht gelassen.

Dieser Rat, den der Herr Bornemann da gestern in der ZiB von sich gegeben hat, kann man nur als gefährliche Drohung bezeichnen. Was jetzt nicht heißt, dass es jetzt ein Fehler sein muss die Aktien, die man jetzt hat zu behalten. Könnte ja sein, dass jetzt der Boden erreicht ist...

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